Als kleine (gegen)Aktion zum inframebattle hat sich aus einer Idee in einem Forum eine, wie mir scheint, ganz abgefahrene Kunstaktion herausgebildet, unter dem Namen BermudaVisualisten werden wir am Samstag erst vor der Volksbühne und später in der zentrale Randlage eine Videojam veranstalten. Ich hab meine Hilfe angeboten und wurde auch prompt ins Boot geholt. Hier der offizielle Text für die Öffentlichkeit dazu:
Das wahre Wesen -::- Live-Videokunst - Einladung zum Underground Treffen der Bermudavisualisten
Parallelveranstaltung zum INFRAME Contest 2005
Aufgrund des offensichtlichen Mißverständnisses des Wesens der Projektionskunst, fühlen wir, die Bermuda-Visualisten, uns als Videokünstler verpflichtet, parallel zum INFRAME Contest ein eigenes VJ / Visualisten/ -Treffen zu organisieren.
Wir wollen unter sozialen Bedingungen ein öffentliches Jamming austragen, indem wir unsere Kunst zeigen, sie spontan miteinander kombinieren, experimentieren, uns austauschen und gegenseitig inspirieren.
Jeder, der sich über unsere Projektionskunst informieren möchte oder vielleicht sogar sein favorisiertes Videoinstrument in einen unserer Mixer einstöpseln will, ist herzlich eingeladen. Statt Wettbewerb und tollen Preisen bieten wir Austausch und Netzwerk, Antworten auf Fragen, Technik zum herumspielen und kühles Dosenbier. Der ausgelaugte und schwitzende Gewinner des INFRAME Battles bekommt von uns zusätzlich einen frischen Döner Kebab spendiert.
Videoprojektionen und deren Macher, die VJs, sind aus der heutigen Clublandschaft kaum noch wegzudenken. Aus einer Avantgarde von über die industrialisierte und digitalisierte Welt verstreuten Künstlern, die sich der visuellen Performance verschrieben haben, hat sich eine öffentlich wahrnehmbare VJ-Kultur entwickelt. Begünstigt durch das Internet bilden sich derzeit internationale Netzwerke mit einer eigenen Gruppendynamik heraus.
Aus der internationalen VJ-Szene erwachsen Veranstaltungen wie AVit, das ContactEurope? Festival oder die EqualEyes? Conference. Sie werden von Videokünstlern selbst organisiert. Sie dienen dem gegenseitigen Austausch, der Verbreitung und Präsentation der eigenen Kunst in der Öffentlichkeit und der gegenseitigen Inspiration.
Wie jede Subkultur die Aufmerksamkeit der kaufkräftigen Zielgruppe weckt, so weckt auch die "VJ Kultur" die Aufmerksamkeit in den Medien und das kommerzielle Interesse in der Wirtschaft.
Neue Industriezweige werden geboren, neue Produkte rund um die Videokunst schwemmen auf den Markt. Dies ist durchaus legitim.
Gleichzeitig wird der "VJ" jedoch durch Marketing und Werbung soweit hochstilisiert, bis man ihn und seine Kunst kaum noch erkennt und der Begriff "VJ" nur noch zu Marketingzwecken und als Werbeträger missbraucht wird. Dagegen verwehren wir uns aus folgenden Gründen:
Vermehrt häufen sich Veranstaltungen rund um die VJ-Kultur, die als Wettkämpfe inszeniert werden. Bei ihnen wird mit Preisen in Form von sonst kaum bezahlbaren Produkten der jeweiligen Sponsoren gelockt. Das Prinzip der "VJ-Battles" ist als Konkurrenzsituation ausgelegt, bei dem der Wettbewerbsgedanke ganz vorne steht 'besser zu sein als der andere' was der Idee einer VJ-Kultur widerspricht. In ihr geht es um das Schaffen von Kunst, um Reflektion und gegenseitige Inspiration. Die kapitalistische Denkweise solcher Veranstaltung ist durchschaubar. Es geht
leider in diesen Battles nur um die Positionierung der eigenen Marke bei der Zielgruppe. Es geht nicht um die Kunst.
Besonders ärgerlich ist, dass schon die Ausschreibungen solcher Wettbewerbe vom völligen Unverständnis des Entstehungsprozesses von Projektionskunst zeugen. Aus aktuellem Anlass, dem dreitägigen "INFRAME international VJ battle" werden wir hier in Berlin deshalb aktiv.
Das im Kino Babylon stattfindende "Battle" trägt eher die Züge eines solchen Marketing-Events als eines künstlersichen Kräftemessens. Bei eingehender Lektüre des Informationsmaterials wird schnell klar, dass der Veranstalter die
Essenz der Videoprojektionskunst nicht annähernd verinnerlicht hat. Es wird versucht, sich anhand des Begriffes "VJ" ein Bild zu machen, dabei wurden die Informationen ungeniert und unreflektiert von WikiPedia? kopiert.
Ein weiterer Fehlversuch, den Begriff der Projektionskunst zu verstehen und zu präsentieren, wurde durch die Koppelung des Begriffes "VJ" mit "DJ" versucht. Die begleitenden Workshops befassen sich, neben schlichter Präsentation der Sponsor-Software ausschließlich mit dem Bereich des DJ-ing.
Für das Battle können die Teilnehmer jetzt zwar ihr individuell zusammengestelltes Set-Up mitbringen - doch dies wurde erst nach unzähligen Beschwerden ermöglicht. Ursprünglich sollten die Künstler nur eigenes Videomaterial mitbringen der INFRAME Veranstalter wollte ausschließlich eigene Windows Rechner und die Software des Sponsors "Resolume" zur Verfügung stellen und argumentierte mit dem Hinweis auf Chancengleichheit. Offensichtlich wurde hier der Fehler begangen die Veranstaltung mit einem "DJ Battle", bei dem die Teilnehmer auch mit den selben Plattenspielern auflegen, gleichzusetzen. Diese Einstellung ist aus der Sicht eines VJs absolut unverständlich. Der Computer ist nicht Handwerkzueg sondern "ein" Instrument des Projektionskünstlers, eine Weiterentwicklung der analogen "Lichtorgeln." Viele Videokünstler programmieren ausserdem ihre eigene Software brillieren deshalb besonders.
Die Kunst der Videoprojektion ist ein kreatives Zusammenspiel aus verwendetem Videomaterial, der vom Künstler favorisierten Software, und der intuitiven Bedienung individueller Hardware. Insgesamt kann der Schaffensprozess mit dem Spielen eines Instrumentes verglichen werden, auf dem improviesiertes oder vorab eingeübtes Material präsentiert wird.
Wir halten diese Veranstaltung unter dem Überbegriff "VJ-Battle" für den Austausch über und die Präsentation von Projektionskunst für völlig ungeeignet. Im Sinne eines künstlerischen Netzwerkgedankens bieten wir aus diesem Grund eine Alternative an, um das soziale Gleichgewicht in der öffentlichen Wahrnehmung wiederherzustellen.